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Psychologische Definitionen








        Wie definieren Fachleute Familie?   keine Familie sein, dagegen aber die    Berufstätigkeit beider Ehepartner
        Ist unsere heutige typische Familie   sog. Einelternfamilie Alleinerzie-  in verschiedenen Berufsfeldern und
        - Vater, Mutter und vielleicht zwei   hender.                            dadurch Versorgungsunabhängig-
        Kinder - überhaupt eine Familie?    Persönlich möchte ich eine Defi-     keit bis zu getrennten Konten und
        Was ist mit der alleinerziehenden   nition vorschlagen, die die beiden   Kassen.
        Mutter oder dem kinderlosen Ehe-    bisherigen aufnimmt und erweitert.      Ca. 30% der Frauen über 30 Jah-
        paar, sind sie auch eine Familie?   Ich glaube, dass der Kern der Fami-  re und 20% der Frauen zwischen 40
                                            lie die Eltern-Kind-Diade ist, einer   und 44 Jahren haben keine Kinder.
        Psychologische Definitionen:        der Hauptgründe, warum über-           Staatlich gelenkte Renten- und
        Klaus Schneewind, Münchner Fa-      haupt Familie als soziale Einheit    Pflegeversicherung als Altersvor-
        milienpsychologe, gibt eine psycho-  notwendig ist.                      sorge.
        logische Definition (Schneewind     Aktuelle statistische Daten zeigen
        1991): Eine Familie ist gekenn-     dies: Der Hauptgrund, zu heiraten,   Die geringere wirtschaftliche Funk-
        zeichnet durch Abgrenzung zu an-    ist  der  Kinderwunsch.  Die  Zahl   tion der Familie gilt als einer der
        deren, durch Privatheit, Dauerhaf-  kinderloser Ehen ist zurückgegan-    Hauptgründe für ihre derzeitige In-
        tigkeit und Intimität.              gen, trotz Anstiegs ungewollter Kin-  stabilität!
          Abgrenzung: Lebensgestaltung in   derlosigkeit. Das Selbstverständnis,   Egal welche Lösungen geschichtlich
        raum-zeitlicher Abgrenzung zu an-   dass Kinder Familie brauchen, hat    präsentiert werden, Familie hat die
        deren Personen mit Regeln in wech-  sich trotz enormen  Wertewandels     Funktion eines sozialen und wirt-
        selseitiger Bezogenheit             immer noch erhalten.                 schaftlichen  Beitrags,  gemeinsam
           Privatheit: Vorhandensein  eines                                      das Leben zu bewältigen.
        umgrenzten Lebensraums, in dem      In der Geschichte zeigt sich wei-    Familie ist eine soziale Beziehungs-
        ein  wechselseitiger  Verhaltensaus-  terhin, dass Familiengründung      einheit, die durch
        tausch möglich ist.                 schwerpunktmäßig  aus  wirtschaft-     Abgrenzung zu anderen
           Dauerhaftigkeit: ein auf länger-  lichen Gesichtspunkten erfolgt ist:   Privatheit
        fristige Gemeinsamkeit angelegter      Kinder als Arbeitskräfte, Erben     Dauerhaftigkeit
        Zeitrahmen  mit  Verpflichtungen,   und Garantie für die Altersversor-     Intimität
        Bindung und Zielorientierung und    gung                                   intergenerationelle Beziehungen
           Nähe (Intimität): Realisierung     Ehemann als Versorger
        von physischer, geistiger und emo-    Ehefrau als Ergänzung und Hilfe
        tionaler Intimität in interpersonalen    Eheschließung  als  Verbindung    gegenseitige Unterstützung
        Beziehungen.                        zweier Familien, als stabilisierende   gekennzeichnet ist.
        Liest man diese Definition auf-     soziale Bindung (incl. eines Braut-
        merksam, fällt auf, dass die Eltern-  preises).
        Kind-Dimension      (intergenera-   All diese Gründe stellen sich heute
        tionelle Beziehung) nicht direkt    in Deutschland mit anderem Ge-
        angesprochen ist.                   sicht dar:                           Hier mein Kommentar:
                                               Gütertrennung durch Ehever-
        Matthias Petzold, ein anderer Fami-  träge, so dass eine Trennung wirt-
        lienforscher, bezeichnet eine Familie   schaftlich unproblematisch abläuft.
        als eine soziale Beziehungseinheit,    Keinerlei Einfluss der Eltern auf
        die                                 die Partnerwahl. Man bedenke, dass
          durch Intimität und               Anfang des 20. Jahrhunderts eine
           intergenerationelle Beziehungen   Eheschließung  ohne  Zustimmung
        gekennzeichnet ist.                 der Eltern rechtlich nicht möglich
        Durch diese Definition würde nun    war!
        wiederum das kinderlose Ehepaar



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